- 12. Januar 1945: Große Winteroffensive der Roten Armee "Fall A" (Deckname)
- Seit Sommer 1944: Vorbereitung der Evakuierung des wichtigsten aller SS-Lager durch die SS- und NSDAP-Verantwortlichen in Schlesien
- SS-Wirtschaftsverwaltungshauptamt: Verzicht auf Häftlinge unmöglich Zusammenbruch der deutschen Rüstungsindustrie
- Sommer 1944: Beginn erster Abtransporte von Arbeitssklaven und Fabrikanlagen von Auschwitz und seinen Nebenlagern an Standorte im Deutschen Reich
- Januar 1945: Geplante Verlegung von ca. 67.000 Häftlingen binnen weniger Tage, aber: Gleisverbindungen zum KZ ungeeignet für solche Massentransporte
- Zurücklegen von 55-63 Kilometern zu Fuß und unter unmenschlichen Bedingungen
- Offene Güterwaggons (Gleiwitz, Loslau)
- Antreiben der Häftlinge auf den Marschrouten (Gruppen zu jeweils 1000 bis 1500 Menschen)
- Am Ende jeder Gruppe: "Exekutionskommando"
- Am Ende der Marschkolonne: Gruppen aus SS-Männern und noch arbeitsfähigen KZ-Häftlingen ("Verscharren" der Verstorbenen/ Ermordeten)
- Zwischen 1963 und 1965 (Frankfurt am Main) Prozesse gegen Aufseher und die Verwaltung des KZs Auschwitz
- Ahndung der Beteiligung am nationalsozialistischen Völkermord an den europäischen Juden (größtes Strafverfahren
- Vierjährige Prozessvorbereitung: Sammeln von 1.300 Zeugenaussagen
- Eigentlicher Prozess: Vernehmen von 359 Zeugen aus 19 Nationen
- Offenlegung sowohl der grausamen Realität der NS- Vernichtungsmaschinerie als auch Frage nach der Unterstützung Hitlers durch weite Kreise der deutschen Bevölkerung (Verhalten und Motive der Täter)
- Nach zwanzigmonatigem Prozess: Urteilsverkündung am 19. August 1965
- Sechs Angeklagte : Lebenslange Haftstrafen
- Elf Angeklagte: Zuchthausstrafen zwischen drei und 14 Jahren
- Drei Angeklagte: Freispruch
- niedriges Strafmaß: Große Empörung in der internationalen und Teilen der deutschen Öffentlichkeit
- Verfolgung ausschließlich nachweisbarer Verbrechen von einzelnen Tätern durch die Gerichte
- Verdeutlichung der Grenzen der Justiz in der Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit
Allgemeines
Inhalt
- Auschwitz:
- Größter Nationalsozialistischer Lagerkomplex des Deutschen Reichs
- Vernichtungslager Birkenau, Stammlager sowie Arbeitslager Monowitz
- Nachkriegszeit: „Auschwitz“ als Symbol für den Holocaust
- 27. Januar 1945: Befreiung des KZ Auschwitz durch die Rote Armee; seit 1996 in Deutschland, seit 2005 international Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus.
Auschwitz-Prozesse
- Michael beendet sein Studium und wird Referendar
- Er lernt während eines Skiurlaubs Gertrud kennen - heiratet sie - bekommt eine Tochter mit ihr - lässt sich scheiden als diese 5 Jahre alt ist
- Er nimmt einen Job als Rechtshistoriker an
- Michael beginnt, Bücher auf Kassetten vorzulesen und schickt diese Hanna ins Gefängnis
nie etwas Persönliches nur Text und Autor
- Nach vier Jahren: Brief von Hanna - Dankesworte
- Er schreibt ihr nie
- Brief der Gefängnisleitung:
- möglicher Gnadenausschuss und Entlassung
Hannas aus dem Gefängnis nach 18 Jahren Haft
- Bitte sich um Hanna zu kümmern
- Er sucht ihr eine Wohnung und einen Job in einer Schneiderei
- Michael hat Schuldgefühle wegen Hannas Verschwinden, verarbeitet diese aber nach einiger Zeit und vergisst Hanna langsam
- Während seinem Studium (Rechtswissenschaft) besucht Michael auch einen Gerichtsprozess, in dem KZ-Wächter verurteilt werden sollen
- Er sieht Hanna als Angeklagte wieder
- Hanna hat früher bei Siemens gearbeitet und wechselte dann zur SS
- Sie war in zwei verschiedenen Lagern eingesetzt worden
- Er nimmt an allen Verhandlungstagen teil
- Er denkt darüber nach, ob und wie man Jemanden, der in Auschwitz tätig war, verurteilen kann
- In Kapitel sechs des zweiten Teils wird dem Leser im Gerichtsprozess deutlich, dass Hanna Analphabetin ist
- Die Verteidiger der anderen Angeklagten schieben alle Schuld auf Hanna
- Michael übergibt sich auf dem Weg nach Hause
- Hanna kommt ihm zu Hilfe
- Michael besucht Hanna, um sich zu bedanken
- Er beobachtet Hanna, während sie sich in der Küche umzieht und rennt nach Hause als er sieht, dass Hanna dies bemerkt
- Michael wartet im Treppenhaus vor Hannas Wohnung, bis sie schließlich nach Hause kommt
- Sie schickt Michael in den Keller, noch zwei weitere Koksschütten zu holen - ihm stürzt der Koksberg ein
- Hanna lässt Michael ein Bad ein
- Danach schlafen sie mit einander
- Michael erzählt Hanna, dass er jeden Tag die sechste Stunde schwänzt um sie zu treffen
- Er las Hanna sehr viel vor, danach liebten sie sich und duschten zusammen (Ablauf der Treffen)
- Wenn die beiden streiten, lässt sich Michael zu einer Entschuldigung erniedrigen und gibt so Dinge zu, die er niemals getan hat
- Aufseherinnen:
- Zwei Rekrutierungsformen: Dienstverpflichtung in der Rüstungsindustrie oder Melden aus eigenem Antrieb
- Bewachung weiblicher Gefangener in verschiedenen Frauenlagern
- Zeitungsannoncen, Arbeitsvermittler im Arbeitsamt zum Verweis auf freie Stellen im Konzentrationslager
Dritter Teil
Zweiter Teil
Erster Teil
Evakuierungsmärsche
- Die beiden unternehmen eine Fahrradtour:
- Hanna lässt Michael den Weg bestimmen
- Eines Morgens legt Michael ihr einen Zettel hin, dass er gleich wieder zurück kommt
- Sie schlägt ihm mit ihrem Gürtel die Lippen blutig und weint (Sorgen Zettel "verschwunden")
- neues Schuljahr: Wechsel von der Unter- in die Obersekunda nicht mehr nur Jungen sondern nun auch Mädchen lernt Sophie kennen
- Nachmittags nach der Schule geht er regelmäßig mit Freunden ins Schwimmbad
- Er hatte Hanna noch nie zuvor zufällig irgendwo gesehen, bis zu diesem Tag als er sie erkennt verschwindet sie
- Hanna kündigte ihren Job als man ihr eine Ausbildung zur Fahrerin anbietet sie zieht am selben Tag aus
- Er besucht Hanna nicht im Gefängnis bis kurz vor ihrer Entlassung
- Am Morgen ihrer Entlassung bringt sich Hanna um
- Testament: Hanna vermacht 7000 DM der Mutter und der Tochter, die den Brand in der Kirche überlebten
- Michael fährt nach New York Geld in Hannas Namen an eine jüdischen Einrichtung für Analphabeten
- Er fragt sich, ob er für Hannas Tod verantwortlich sei - beginnt er die Geschichte aufzuschreiben um Frieden mit ihr zu schließen
- Hanna hatte in den Lagern Schützlinge, die ihr vorlesen mussten ( Analphabetismus)
- Michael beschreibt das Buch, einer Jüdin die mit ihrer Mutter den Brand in der Kirche auf einer kleinen Empore überlebt jeden Monat wurden sechzig Frauen selektiert und nach Auschwitz gebracht
- Richter fragt Hanna nach ihrer Handschrift Hanna gibt zu, dass sie den Bericht geschrieben hätte
- Michael weiß von Hannas Analphabetismus
- Er überlegt, ob er zum vorsitzenden Richter gehen soll, und ihm erzählen soll, dass Hanna eine Analphabetin ist
- Tag- und Nachtträume Michaels von ihm & Hanna
- wenig Informationen und Anschauungsmaterial zu Konzentrations-Lagern für seine Generation
Besuch eines KZs
- Hannas Urteil: lebenslänglich
- SS-ähnliches Kostüm Hannas erregt Aufsehen und Empörung im Gerichtssaal
Personenkonstellation
Aufarbeitung
" Wenn ich heute an die Jahre damals denke, fällt mir auf, wie wenig Anschauung es eigentlich gab, wie wenig Bilder, die das Leben und Morden in den Lagern vergegenwärtigten." (S.142)
um Hannas Zukunft besorgt
- Nach Ende des zweiten Weltkrieges: Vergleichsweise wenig Anschauungsmaterial bezüglich der unter dem NS-Regime verübten Grausamkeiten
- Erhöhtes Konfliktpotential innerhalb der Familien begründet in der Frage nach der Rolle der älteren Generation zur Zeit des NS-Regimes
- Jüngere Generation als "Avantgarde der Aufarbeitung. [Sie] rissen die Fenster auf, ließen die Luft herein, den Wind, der endlich den Staub aufwirbelte, den die Gesellschaft über die Furchtbarkeiten der Vergangenheit hatte sinken lassen" (S. 87)
Schule/ Karriere
- Durch Gelbsucht Lernrückstand in der Schule (droht sitzen zu bleiben)
- Lernaufforderung Hannas bestandenes Schuljahr
- Nach Trennung von Hanna: Abitur und Jurastudium
- Später: Im Rahmen verschiedener Tätigkeiten
Erforschung der Rechtsgeschichte
- Entschied sich bewusst gegen den Beruf eines Richters oder (Staats-)Anwalts, da negative Prägung dieser Berufe durch Gerichtsprozess (Teil2)
Akt der Vermeidung (?)
Charakter
- Dominant (v.a. am Anfang der Beziehung, Abschwächung gegen Ende des ersten Teils)
- Abrupte Stimmungsschwankungen (angeeignet zur Vertuschung ihres Analphabetismus)
- Teilweise zärtlich/leidenschaftlich gegenüber Michael
- Gründlich, konzentriert
- Pflichtbewusst / starkes Ordnungsbewusstsein
- Plötzliche Brutalität
- Bedürfnis nach Zuneigung
- Scham aufgrund ihres Analphabetismus
Sonstige Merkmale/ Besonderheiten
- Der unteren Mittelschicht angehörig
- Analphabetin (!) nimmt aufgrund ihres Schams eine unnötig strenge Freiheitsstrafe bei der Gerichtsverhandlung (Teil2) in Kauf
- Verschweigt ihrem Umfeld ihre Vergangenheit
- Gezielter Einsatz von angedrohten Zurückweisungen (von Liebe/Zärtlichkeiten) zur Provokation von Michaels Kapitulation
- Übertrieben starker Drang zur Reinlichkeit Schuld "von sich waschen"
anfangs engere später distanziertere Beziehung
Orte der Handlung
Familie
Sophie
Wortfeld Schuld
- Heidelberg (Baden-Württemberg):
- Kindheit und Studienzeit Michaels
- Wichtige Orte innerhalb Heidelbergs: Haus Michaels, Haus Hannas, Schule, Schwimmbad, ein Straßenbahnwagen und die Universität ( Erscheinen Michael/Hanna im Raum des jeweils anderen, so ergeben sich Konflikte)
- Wimpfen, Amorbach, Miltenberg:
- Viertätige Fahrradtour Michaels mit Hanna über Ostern (Kapitel 11)
- Frankfurt:
- Stattfinden der großen Auschwitz-Prozesse
- Gerichtsprozesses in dem Hanna wegen ihrer NS-Vergangenheit angeklagt wird und an dem Michael als Student teilnimmt
- Wichtige Orte: Gerichtssaal, Zimmer des Richters
- KZ Struthof (Elsass, Nordosten Frankreichs):
- Aufsuchen des KZs während des Gerichtsprozesses gegen Hanna
- Suchen nach Verständnis für Hannas Vergangenheit und für ihr Verhalten
- Skiurlaub:
- Während des Studiums (nach dem Gerichtsprozess)
- Aufgrund von Selbstüberschätzung Einlieferung ins Krankenhaus
- Kennenlernen Gertruds (spätere Ehefrau)
- Gefängnis:
- Inhaftierung Hannas nach dem Gerichtsprozess (Ort unbekannt)
- Suizid Hannas
- Orte innerhalb des Gefängnis: Hannas Zelle, freie (bewachte) Außenfläche (Gespräch von Michael und Hanna), Krankenstation (Hannas Leiche).
- New York:
- Überbringung einer Geldspende von Hanna durch Michael an die Tochter (Opfer der NS-Zeit und Opfer von Hannas Verhalten)
- Hannas Schuld
- Michaels Schuld
- kollektive Schuld
- Prozess vor Gericht
- Schuld vor dem Gesetz
wegen Liebe
Interpretation der Träume Michael Bergs
Stil und Sprache
Bernhard Schlink
- Traum von Hannas Haus (vgl. S.8ff.): Stellenwert, den Hanna in Michaels Leben einnimmt
- Traum von Hanna als kalte, grausame Aufseherin auf der einen Seite und als die ihn liebende Hanna auf der anderen Seite (vgl.S.140ff.): Das Vermischen dieser beiden Seiten als Ausdruck des inneren Durcheinanders Michaels sowie Frage nach der Rechtfertigung seiner Liebe zu Hanna
- Perspektivwechsel und damit verbundene Zeitsprünge( jugendlicher und erwachsener Michael Berg)
- Teils philosophische, teils selbstkritische Reflexionen
- Analytischer Stil: Erst nach und nach Erschließung des Werkes durch den Leser (bspw. Auflösen der Vergangenheit Hannas und ihres Analphabetismus)
- Vorausdeutungen
- Oftmals nüchterne und juristische Schreibweise, im Allgemeinen eher einfach gehalten
- Gezielter Einsatz metaphorischer Formulierungen zur Veranschaulichung
- * 6. Juli 1944 in Großdornberg bei Bielefeld
- Deutscher Jurist und Schriftsteller
- Stammt aus Akademikerfamilie
- Jurastudium an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und an der Freien Universität Berlin
- Dissertation: Abwägung im Verfassungsrecht (1976)
- Zunächst Autor verschiedener Kriminalromane
- Der Vorleser als erster Nicht-Kriminalroman
Der Vorleser (1995)
Aufgabe 1
- Viel beachteter internationaler Bestseller
- In über 50 Sprachen übersetzt
- Amerikanische Ausgabe Platz 1 der Bestsellerliste der New York Times
- Verfilmung 2008 unter der Regie von Stephen Daldry
- Erhielt Hans-Fallada-Preis (1998), italienischen Literaturpreis Grinzane Cavour (1997) und Prix Laure Bataillon (1997)
Analysieren Sie anhand des gezeigten Filmmaterials und des vorliegenden Textes (Kapitel 9 - Teil 2) Hannas Umgang mit ihrem Analphabetismus und ihre Reflexion der Bombennacht. Beziehen Sie sich dabei auf das Wortfeld Schuld und versuchen Sie Charakterzüge herauszuarbeiten.
Aufgabe 2
Erschließen Sie den vorliegenden Text (Erster Teil, Kapitel 12, S.59-61) hinsichtlich sprachlich-stilistischer Besonderheiten, des Perspektivwechsels und unter Berücksichtigung der charakterlichen Züge der beiden Figuren Hanna und Michael.
Der Vorleser