Beitrittsverhandlungenmit der Türkei
Vorgeschichte
- 1949: Türkei wird Mitglied des Europarates
EWG= Europäische Wirtschaftsgemeinschaft
EG= Europäische Gemeinschaft
- 1959: Türkei bewirbt sich um Mitgliedschaft EWG
- 12.September 1963: Assoziierungsabkommen (Akara-Abkommen) zw. Türkei und EWG tritt in Kraft
- 1970: in Zusatzprotokoll (Ankara-Protokoll) des Ankara-Abkommen wird Abbau Zollschranken zw. EU und Türkei beschlossen
- April 1987: Türkei beantragt Mitgliedschaft in EG
- 1989: Ablehnung der Vollmitgliedschaft der Türkei durch EG
Vorgeschichte
- 1992: Türkei tritt Westeuropäischen Union (WEU) als assoziiertes Mitglied bei
- 1. Januar 1996: zum ersten mal wird zw. EU und Nichtmitglied der EU, die Zollunion eingeführt
seitdem gilt in Türkei das europäisches Wirtschaftsrecht
- Dezember 1997: auf EU-Gipfel in Luxenburg beschließen Staats- und Regierungschefs EU, dass Türkei für Beitritt in Frage kommt
erkennen Türkei keinen offiziellen Kandidatenstatus an
Anerkennung als Beitrittskandidat
- 10./11. Dezember 1999: Türkei erhält Status "beitrittswilliges Land"
- Ende 2001: Große Verfassungsreformen in Türkei
- 2002: auf Gipfel von Kopenhagen beschließt EU, im Dezember 2004 über Aufnahme von Beitrittsverhandlungen zu entscheiden
Bedingung: Erfüllung der politischen Bedingungen der Kopenhagener Kriterien
- September 2004: Expertengruppe EU stellt fest, keine staatlich geduldete systematische Folter mehr gebe, da nur einzelne Personen ausübten/ durch Verabschiedung weitgehender Strafrechtsreform werde Rechtsstaatlichkeit der Türkei gefestigt
- 17.Dezember 2004: Staats-und Regierungschefs EU entscheiden in Brüssel über Aufnahme der Beitrittsverhandlungen ab 3.Oktober 2005
Aufnahme der Beitrittsverhandlungen
- 29.September 2005: Treffen von 25 Botschaftern EU-Staaten in Brüssel um Verhandlungsziele für Beitrittsverhandlungen festzulegen
- alle 25 europ. Außenminister in Luxenburg, Einigung auf gemeinsamen Rahmentext
- gemeinsames Ziel der Verhandlungen war Vollmitgliedschaft
- am Ende Beitrittsverhandlungen, soll nicht nur geprüft werden, ob Türkei Beitrittskriterien erfüllt, sondern auch ob EU deren Aufnahme wirts. u. poli. verkraftet
Aktuelle Entwicklung
- 10. Januar 2007: kamen türkische Außenminister u. spätere Staatspräsident Abdullah Gül, Staatsminister für EU Ali Babacan u.alle Vertreter zuständigen Ministerien zusammen
beschlossen: eigenen, von EU unabhängigen, Reformplan zur Erfüllung Beitrittskriterien zu erstellen
laut Plan soll Kapitel "Justiz und Grundrecht" und "Justiz, Freiheit und Sicherheit" bis Oktober 2009 abgeschlossen sein, alle anderen Kapitel bis 2013
um Ziel zu erreichen: Gesetze geändert werden bzw. neue Gesetze verabschiedet werden
- April 2008: Besuch amtierenden EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso in der Türkei, wurden einige Reformen verabschiedet, welche Grundrechte religiösen Minderheiten in Türkei stärken
Aktuelle Entwicklung
- Januar 2009: Egemen Bağış zum ersten türkischen Europaminister ernannt, leitet von nun an die Beitrittsverhandlungen
- 4. Februar 2010: hob Regierung unter Recep Tayyip Erdoğan das Emasya-Protokoll auf, welches Militär erlaubt, in einzelnen Provinzen Türkei Macht zu übernehmen, ohne von Landräten oder von Gouverneuren ermächtigt werden musste
mit Einschränkung der Macht des Militärs kommt türkische Regierung auch einer der Hauptforderungen der EU nach
- Juli 2011: erklärte Ministerpräsident Erdogan, in der zweiten Jahreshälfte 2012 die Verhandlungen mit EU auszusetzen/Alexander Dobrindt fordert Abbruch Verhandlungen
Aktuelle Entwicklung
- 10. Oktober 2012: veröffentlichte EU 94-seitigen Bericht mit Titel ’Turkey 2012 Progress report’, kritisiert zahlreiche Zustände und Entwicklungen in Türkei
- März 2013: kam zwischen niederländischen Regierung und Regierung Erdoğan zu familienrechtlichen Konflikt im Umgang mit einer Regenbogenfamilie in den Niederlanden, Europaabgeordnete Hans van Baalen, forderte die EU-Beitrittsverhandlungen mit Türkei zu beenden
- Mai 2013: löste gewaltsame Vorgehen türkischer Polizei und „schwarzer Staatsmiliz“ gegen die Proteste in der Türkei 2013 internationale Kritik aus,
Regierungen der Niederlande, von Österreich und von Deutschland lehnten im Juni 2013 das Öffnen eines neuen Verhandlungskapitels ab
- Juni 2013: drohte Volker Kauder, der Türkei ein Aussetzen der EU-Beitrittsverhandlungen an,warnte die eigene Armee gegen Demonstranten einzusetzen
Aktuelle Entwicklung
- Ende November 2015: bei Sondergipfel einigte man sich als Teil der Kooperation in Flüchtlingspolitik auf Eröffnung des Kapitels 17 zur Wirtschafts- und Währungspolitik
14. Dezember 2015 wurde die Einigung umgesetzt
- Anfang 2016: wurden weitreichende Vereinbarungen über Kontrolle der Zuwanderung getroffen
so können Migranten aus Drittstaaten, die illegal über Türkei inEU eingereist sind, seit 18. März zurückgeführt werden
Türkei forderte als Gegenleistung Eröffnung von fünf der acht bislang blockierten Kapitel, darunter auch Kapitel „Justiz und Grundrechte“ und „Justiz, Freiheit und Sicherheit“
- 30. Juni 2016: wurde Kapitel „Finanz- und Haushaltsbestimmungen“ eröffnet, Kapitel zur „Wissenschaft und Forschung“ wurde zuvor „vorläufig abgeschlossen“
Aktuelle Entwicklung
- 24. November 2016: 479 Abgeordnete des Europaparlaments stimmten für Einfrieren der Beitrittsverhandlungen, 37 stimmten dagegen und 107 enthielten sich
Beschluss ist eine Empfehlung; formell können Verhandlungen nur durch Beschluss der Mitgliedsstaaten der EU ausgesetzt werden
- 13. Dezember 2016: teilte nur Vertreter Österreichs beim Außenministertreffen, die Meinung des EU Parlamentes, Außenminister der übrigen Mitgliedsstaaten wollten Fortführung der Beitrittsgespräche mit Türkei
- Vertreter Deutschlands befürchtete nach Einschätzung von Beobachtern, türkische Führung zu verärgern und Flüchtlingsabkommen zu gefährden, Vereinigte Königreich wollte die NATO-Partnerschaft der Türkei sichern
kam lediglich zu Erklärung darüber, dass man Eröffnung neuer Kapitel der Verhandlungen unter derzeitigen Umständen nicht erwäge
Aktuelle Entwicklung
- 16. April 2017: unter Eindruck des Ergebnisses des Verfassungsreferendums in Türkei, wurde von mehreren Seiten Abbruch der Gespräche gefordert
deutsche Regierung strikt dagegen, die Gespräche mit Türkei zu beenden
- 28. April 2017: in anschließenden Erklärung stimmten EU-Außenminister dafür, den Beitrittsprozess der Türkei zur Europäischen Union nicht zu stoppen
gab bekannt man das Ergebnis des türkischen Referendums respektiere und der Beitrittsprozess weitergehe
- 10. Mai 2017: besuchte türkische Europaminister Ömer Çelik Brüssel, sprach mitEU-Außenbeauftragten Federica Mogherini über Beitritt Türkei zur EU
forderte im Zusammenhang mit Beitrittsverhandlungen die Öffnung der Beitrittskapitel 23 und 24, der Kapitel Justiz, Grundrechte und Freiheit
Aktuelle Entwicklung
- 6. Juli 2017: sprach sich EU-Parlament für eine Aussetzung der Gespräche aus, sollte Türkei die mit Referendum beschlossenen Verfassungsänderungen vom April umsetzen
Beschluss des Parlamentes ist für Kommission jedoch nicht bindend
- Sommer 2017: Beitrittsoption als nicht mehr realistisch bewertet, man vermutete Türkei wolle Option auf Beitritt und Gespräche mit EU aufrechterhalten, weil Perspektive eines Beitritts potentielle ausländische Investoren beruhigen könne
- 3. September 2017: im TV-Duell vor Bundestagswahl 2017, wich Angela Merkel bei Frage nach Fortführung Verhandlungen aus, während Martin Schulz sich dagegen aussprach
wenige Tage später traten Außenminister des Vereinigten Königreiches, Litauens, Finnlands und Ungarns auf, um sich bei EU-Außenministertreffen für Fortsetzung der Gespräche einzusetzen
Aktuelle Entwicklung
Außenminister Boris Johnson:
gab sich besorgt, wegen verschiedener Menschenrechtsverletzungen, pries Türkei aber als „großartiges Land“ von großer strategischer Bedeutung für alle EU Länder
bulgarischer Premierminister Bojko Borissow:
kündigte am 19. Oktober 2017 öffentlich an, gegen Einfrieren oder Beenden der Beitrittsgespräche zu stimmen, Borissow fürchtete Türkei könne sonst Flüchtlingsabkommen von 2016 kündigen oder aus NATO austreten und zum militärischen Gegner der EU werden
Verhandlungen auf Eis gelegt
Auslöser: Putschversuch in der Türkei 2016 am 15. und 16. Juli 2016
- seit zwölf Jahren andauernden Beitrittgespräche liegen derzeit auf Eis
- nach Putschversuch in Türkei im vergangenen Jahr haben sich Beziehungen zwischen Regierung in Ankara und EU deutlich verschlechtert
- EU wirft Türkei vor, zu hart gegen mutmaßliche Unterstützer des Putsches vorzugehen
Nach Medienangaben wurden über 36.000 Menschen in Türkei in Untersuchungshaft genommen, mehr als 75.000 zivile Staatsbedienstete und Angehörige der Sicherheitskräfte wurden entlassen, Tausende weitere suspendiert
- türkische Regierung wirft ihnen Verbindungen zur Bewegung des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen vor, die sie für den Putschversuch verantwortlich macht
- türkische Staatschef Erdogan gesagt, "er brauche Union nicht mehr, beenden will er die Verhandlungen dennoch nicht"
Erfüllung der Kopenhagener Kriterien
Demokratie und Rechtsstaat
- Türkei gewaltsam gegen Kurden im In-und Ausland vor (keine Minderheitenrespektierung)
- Wahlen zwar allgemein, frei und geheim aber Nichtregierungsparteien im Vorfeld massiv unter Druck gesetzt
(Wahlunrechtmäßigkeiten z.b Verfassungsreferendum 2017)
- Verfolgung der Gülen-Anhänger in der Türkei (keine Rechtsstaatlichkeit)
- Einschränkung der Grundrechte
- zahlreiche Regierungskritiker und Journalisten verhaftet (z.b. Deutscher Journalist Deniz Yücel), viele Richter und Staatsanwälte entlassen
- Festnahmen von vermeindlichen Terroristen (z.b. Menschenrechtler)
Erfüllung der Kopenhagener Kriterien
Menschenrechtswahrung und Minderheitenschutz
- Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit
- Erlauben der Anwendung von Folter und Misshandlung politischer Häftlinge
- Menschenrechte laut Amnesty International immer weniger geachtet
- 10% Sperrklausel, politisch keinen Einfluss bei Wahlen für Minderheiten
- Kurdensituation, werden nicht als Minderheiten anerkannt, werden straflich verfolgt
Erfüllung der Kopenhagener Kriterien
wirtschaftliches Kriterium:
Funktionierende Marktwirtschaft
- Funktionierende Marktwirtschaft trotz anhaltender struktureller Schwächen und geringen volkwirt. Stabilität von EU Kommission bestätigt, erzielte ausreichend wirt. Fortschritte
Fähigkeit des Standhaltens von Wettbewerbsdruck
- Mitglied Europäischer Zollunion
- BIP/Kopf beträgt 2017: 10.434 US-Dollar (11,1% gestiegen), Türkei steht wirtschaftlich nicht schlechter da als Rumänien und Bulgarien, aber der jahrelange wirtschaftliche Aufschwung ist seit Ende 2016 vorbei
Fähigkeit des Standhaltens gegen Martkräfte der Union
- trotz hoher Verschuldung, starkes Wachstum (5,1% gegenüber dem Vorjahresquartal)
Erfüllung der Kopenhagener Kriterien
gemeinschaftliches Kriterium:
- weitgehend erfüllt, aber nur im Gesetzbuch
- Umsetzung in vielen Bereichen noch gar nicht begonnen
zum Beispiel beim Eigentumsrecht
Quellen:
http://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/69242/eu-beitrittskandidat-tuerkei-10-12-2009
https://lehrer-blog.raabe.de/wp-content/uploads/2017/09/Beitrittskriterien_der_EU.pdf
https://www.n-tv.de/politik/Erdogan-Tuerkei-braucht-EU-nicht-mehr-article20061663.html
https://www.welt.de/print-welt/article168038/Kopenhagener-Kriterien-sind-formal-erfuellt.html
https://www.shz.de/deutschland-welt/politik/eu-parlament-will-beitrittsgespraeche-mit-tuerkei-auf-eis-legen-id15433476.html
file:///C:/Users/User/Downloads/V9NE12%20(1).pdf
https://de.wikipedia.org/wiki/Beitrittsverhandlungen_der_T%C3%BCrkei_mit_der_Europ%C3%A4ischen_Union
http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/pocket-europa/16848/kopenhagener-kriterien
https://www.google.de/search?biw=2327&bih=1132&tbm=isch&sa=1&ei=NmQ2WpbcAtLHwQKh3aKQCA&q=bojko+borissow&oq=bojko&gs_l=psy-ab.3.0.0l3j0i5i30k1l7.56101.57643.0.58746.5.5.0.0.0.0.61.275.5.5.0....0...1c.1.64.psy-ab..0.5.275...0i67k1j0i30k1j0i10i30k1.0._jUmmqGHeZs#imgrc=b6U_mdFPe6b71M:
https://f1.blick.ch/img/news/origs2208831/153253628-w1280-h960/Rochade-in-seinem-Kabinett-Bojko-Borissow-entlaesst-Finanzminister-Archiv-.jpg
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/3/39/Boris_Johnson_-opening_bell_at_NASDAQ-14Sept2009-3c_cropped.jpg/190px-Boris_Johnson_-opening_bell_at_NASDAQ-14Sept2009-3c_cropped.jpg