Introducing
Your new presentation assistant.
Refine, enhance, and tailor your content, source relevant images, and edit visuals quicker than ever before.
Trending searches
Am 6. Juli 2012 wurde die Feier mit einem Gedenkgottesdienst für die Opfer der Deportation und im Beisein verschiedener Vertreter der lokalen Behörden begangen (der Kreisratsvorsitzende, Herr Andrei Marian, die Stadtverwaltung, der Kreisrat, etc.) Bei der Feier waren ca. 100 Personen anwesend, zum Großteil ehemals Deportierte und ihre Nachkommen.
Das Denkmal wurde im Juli 1992 im Beisein der Opfer der Deportationen, der Nachfahren derselben und von Vertretern der lokalen Stadtverwaltung eingeweiht. Jährlich finden vor dem Denkmal an symbolischen Daten, wie am 13. und 28. Juni sowie insbesondere am 6. Juli, Gedenkfeiern für die Opfer der Deportationen statt, an denen insbesondere die Opfer der Deportationen und/oder deren Angehörige, Bürger der Stadt, Schüler, Studenten, Lehrer sowie Vertreter der Stadtverwaltung und des Stadt- und Kreisrates teilnehmen.
Das Denkmal wurde auf Initiative des Malers Valeriu Moscalciu, dessen Eltern deportiert worden waren, ins Werk gesetzt. Die Fertigstellung des Denkmals wurde durch Spenden der Nachfahren Deportierter und dank der Beteiligung des damaligen Bürgermeisters, Anatol Plesca, der bei der Akquisition der Gelder, sowie bei der Auswahl des Ortes und Errichtung des Denkmals half, ermöglicht.
Das Denkmal befindet sich hinter dem Bahnhof der Stadt. Das Denkmal ist gut zu sehen und in der Nähe der Denkmäler für die gefallenen Soldaten des Zweiten Weltkriegs, für die im Afghanistan gefallenen Soldaten des Landkreises und für die Opfer der Atomkatastrophe in Tschernobyl. Die Auswahl des Ortes begründet sich durch die Tatsache, dass von diesem Ort aus die Opfer der Repressionen deportiert wurden.
Im Ensemble des Denkmals finden sich keine menschlichen Figuren, sondern nur die Form einer Sternenhälfte mit fünf Ecken, Symbol für das Ende der totalitären kommunistischen Zeit, und ein Kreuz, Symbol des Christentums sowie eine Inschrift. Die erste Glocke, die an der obersten Ecke der Sternenform aufgehängt war, symbolisierte das nationale Erwachen und die Rückkehr zur Wahrheit. Die zweite Glocke, die hinzugefügt wurde, war in der Mitte aufgrund eines Risses geschweißt worden. Der Riss war zur Zeit der Repressionen entstanden als die Glocke im Glockenturm einer Kirche hing, die von den damaligen Behörden zerstört worden war. Auch diese Glocke wurde als Symbol des Erwachens, aber auch als Symbol für die seelischen Wunden des unterdrückten bessarabischen Bauern angebracht.
Das Denkmal für die Opfer der stalinistischen Deportationen in der Stadt Drochia wurde 1992 errichtet. Es hat eine Höhe von ca. 2,6 Metern. Die Architektur des Denkmals setzt sich aus einem roten Betonblock zusammen, auf dem links oben ein Kreuz angebracht und in dessen rechte Seite die Form einer Sternenhälfte geschlagen ist.
Auf dem Sockel stand (als Teil des Monuments) eine gewaltige Glocke aus Kupfer mit einem Durchmesser von ca. 1,5 Metern (gegossen in Czernowitz, im Jahr 1928, wie der auf der Glocke eingravierte Text verrät) und einem Gewicht von 500 kg. Diese Glocke wurde kurze Zeit nach der Einweihung des Denkmals von Vandalen beschädigt. Daraufhin wurde auf der linken Seite des Denkmals eine andere große Glocke, die von einer der Kirchen am Ort gestiftet wurde, angebracht; aber auch diese wurde am 4. Juni 2012 gestohlen.
Das Denkmal ist in seiner Größe beeindruckend und befindet sich direkt vor dem Bahnhof, im Zentrum des Platzes und neben der dicht befahrenen Straße, die den Bahnhof mit dem Busbahnhof sowie mit dem Zentrum der Stadt verbindet. Der Ort wurde nicht zufällig ausgesucht; von diesem Bahnhof aus wurden in den oben genannten Jahren die zur Deportation Bestimmten abtransportiert. Das Denkmal wurde nicht von einem oder an einen anderen Ort versetzt und hatte auch sonst keinen anderen Standort.
Übersetzungen:
Tabea Link
Am 6. Juli 2012 wurde die Gedenkfeier in Bălți vom Ortsverband der PL organisiert. An der Feier nahmen ungefähr 50 Personen teil, zum Großteil Deportierte und/oder Nachfahren derselben. Von der Stadtverwaltung war bei der Feier niemand zugegen. Auf der Gedenkfeier hielt die Abgeordnete des Moldauischen Parlaments, Ana Guţu, eine Rede.
Auf dem roten Block ist eine Gedenktafel aus weißem Marmor angebracht. Die Inschrift lautet: „Die von Trauer ergriffenen Nachfahren ehren die Opfer der stalinistisch-kommunistischen Repressionen von 1940, 1941 und 1949. Juli 1992.“ Der Text der Inschrift ist rein informativ und bringt das Erinnern zum Ausdruck.
Texte & Bilder:
Vitalie Băbălău
Das Denkmal wurde 1999 im Beisein der Opfer der Deportationen, der Vereinigung der Opfer der Deportationen und des Stadtrates Bălți eingeweiht. Jährlich finden vor dem Denkmal an symbolischen Daten, wie am 13. und 28. Juni sowie insbesondere am 6. Juli, Gedenkfeiern für die Opfer der Deportationen statt, an denen insbesondere die Opfer und/oder deren Angehörige, Bürger der Stadt, Schüler, Studenten, Lehrer, wie sowohl die Vertreter des Orts- und Jugendverbandes der Partidul Liberal (Liberale Partei, PL) als auch der Stadtrat teilnehmen.
Redaktion & Gestaltung:
Christian-Daniel Strauch
Das Denkmal für die Opfer der stalinistischen Deportationen in Bălți verfügt über eine Höhe von ca. 10 Metern und wurde im Jahr 1999 vom Chefarchitekten der Stadt, Boris Gritunic, mit Hilfe finanzieller Mittel des Bălțer Geschäftsmanns Nicolae Chirilciuc errichtet.
Das Denkmal besteht aus folgenden Elementen: Sockel (Fundament), zwei Halbrundbögen, ein Stein, eine Glocke und ein Kreuz. Das Denkmal erinnert an die Opfer der stalinistischen Repressionen von 1940, 1941, 1949, nimmt aber auch Bezug auf die 1951 deportierten Personen sowie auf alle Bürger der Stadt Bălți, die im Zuge politischer Repressionen jeglicher Art leiden mussten.
Im Ensemble des Denkmals sind keine menschlichen Figuren, Waffen etc. inkludiert. Auf dem Sockel steht eine Inschrift („EIN SCHREI ZUM HIMMEL. In Gedenken an die Opfer der politischen Repressionen 1940-1949“). Der Text der Inschrift ist rein informativ und bringt das Erinnern zum Ausdruck. Er artikuliert weder ideologische Intentionen noch solche, Rache, Aufruhr oder Hass zu schüren.
Das Denkmal besteht aus zwei Halbrundbögen, auf deren Sockel die Gedenkschrift angebracht ist. In der Mitte zwischen den Bögen auf dem Boden befindet sich ein Stein, oben, wo die beiden Bögen sich treffen, eine Glocke, – Symbol für das Erwachen und die Wiederbelebung des Gewissens der Nation. Darüber ist ein Kreuz angebracht, – Symbol des Christentums und der Auferstehung in Christus.
Ein Projekt des
Unterstützt durch
Gefördert von
Finanziert durch
In den Jahren 1940 bis 1949 wurden vom Bahnhof Chişinău aus mehr als Hunderttausend Personen – Moldauer, Deutsche, Juden und Ukrainer – nach Sibirien verbannt. Wer von den Deportierten überlebte, kehrte erst Jahre später zurück – wenn überhaupt. Die Erfahrung, deportiert und drangsaliert worden zu sein und das eigene Trauma in einem gleichgültigen sozialen Umfeld nicht mitteilen zu können, stellt einen prägenden Zugang zur Identitätskonstruktion der Deportierten dar. Einige versuchten, die erlebten Schrecken zu vergessen, andere wiederum bemühten sich durch verschiedene Aktionen (u. a. Mahnmale), darauf aufmerksam zu machen. Dieses Thema stellt für die Gesellschaft eine große Herausforderung dar. Im Sommer 2009 weigerte sich die damals regierende Partei der Kommunisten der Republik Moldova, sich im Parlament an einer von der Opposition vorgeschlagenen Schweigeminute zur Erinnerung an die Opfer der Deportationen zu beteiligen. Die öffentliche Brisanz der Bewertung dieses Traumas, das in Moldova Politiker und Akademiker wie einfache Bürger spaltet, verleiht der Untersuchung eine starke gesellschaftliche Relevanz. Vier moldauische und vier deutsche Studenten untersuchen gemeinsam unter Leitung von Fachleuten dieses Thema in der Republik Moldova.
Dorf Pelinia, Kreis Drochia
Das Projektteam in Deutschland: Moldova-Institut Leipzig
Vielleicht haben Sie meiner Mutter was über das Ziel der Reise gesagt, uns aber nichts.
Christian-Daniel Strauch
Wissenschaftlicher Mitarbeiter - Projektkoordinator
Dr. Vasile Dumbrava
Stellvertretender Vorsitzender - Projektleiter
Wir haben zu Hause vor 1989 darüber gesprochen, aber nicht viel. Die Kinder wussten es. Heute laden sie uns am 13. Juni ins Rathaus ein, um uns die 500 Lei zu geben und das war’s. Ich weiß nicht, ob die Leute darüber Bescheid wissen müssen oder nicht... Gebe Gott, dass das sich nie wiederholt, dass in Zukunft nie das mehr geschieht, was wir durchmachen mussten.
Ion Agachi, Bauer aus Pelinia, 81 Jahre alt. Wurde gemeinsam mit seiner Familie am 13. Juni 1941 deportiert. Verheiratet, zwei Kinder, Enkelkinder.
Ich kam 1958 zurück. Ich wurde nach Bălți bestellt und mir wurde gesagt, dass wir kein Recht hätten in Pelinia zu wohnen, aber wir hatten das „Komsomolskij bilet“ [Komsomolzenausweis], „gramote“ [Bildung], „pochvalnosti“ [Belobigungen]. Ich fand leicht Arbeit in der Kolchose. Meine Ehefrau ebenso schnell. Als wir zurückkamen, war im Haus meines Vaters die Schule untergebracht, später wurde das Haus abgerissen.
Bis in die 90er Jahre bekamen wir keine Entschädigungen. Danach gab uns der Staat je 2.000 Lei [heute: 125 Euro] dafür, dass mein Vater dort gestorben war. Und später mussten wir für das Licht nur die Hälfte bezahlen, aber als Voronin [kommunistischer Staatspräsident Moldaus] kam wurden uns alle unsere Anrechte genommen. Jetzt, seit zwei Jahren, geben sie uns am 13. Juni jeweils 500 Lei [ca. 30 Euro].
Wir wurden am 13. Juni 1941 verschleppt. Ich war 10 Jahre alt. Ich habe vorher nichts bemerkt, ich wusste nichts. Vielleicht ahnte mein Vater etwas. Wir wurden wohl deportiert, weil mein Vater Bürgermeister zur Zeit der Rumänen war [Moldau gehörte bis 1940 zu Großrumänien]. Man sagte und nicht, man gab uns nur zur Kenntnis, dass wir für zwanzig Jahre verurteilt seien Mein Vater zu fünf Jahren im Lager und wir Kinder und meine Mutter zu zwanzig Jahren in Sibirien.
Sie kamen in der Nacht, stellten die Uhr auf den Tisch und sagten wir hätten 25 Minuten um zu packen. Es waren zwei Milizionäre und ein gewisser Prahnitkii, ein Halbblinder, der von irgendwoher kam und im Dorf Erster Sekretär war. Mein Vater ging, um einen Becher Wein zu trinken, aber dieser Prahnitkii schlug ihm den Becher aus der Hand und warf ihn weg. Sie holten uns alle ab und brachten uns zum Bahnhof in Bălți. Wir nahmen nur das mit, was wir mit den Händen tragen konnten.
Das Projektteam in Moldau: Staatliche Moldauische Universität Chişinău
Dr. Igor Caşu, Center for the Study of Totalitarianism, Direktor; USM
Dr. Andrei Cuşco
Direktor des Zentrums für Imperiale Studien
Dorf Pelinia, Kreis Drochia
Dr. Svetlana Suveică
Moldauische Staatliche Universität, Fakultät für Geschichte und Philosophie
Dorf Pelinia, Kreis Drochia
Prof. Dr. Igor Şarov
Dekan, Fakultät für Geschichte und Philosophie der Moldauischen Staatlichen Universität (USM)
Der Entlassungsbeschluss war am 27. Juni 1958 gekommen, er galt für meine Mutter und mich.
sowie: Vitalie Băbălău, Artemis Balan, Victoria Cojocari, Orest Dabija, Ivan Duminica, Alexandru Gheţan, Petru Golban, Marina Guţu, Mariana Zeamă, Edda-Binder-Iijima, Maren Huberty, Simon Jobst, Tabea Link, Raluca Modoiu und Josef Sallanz.
Ich erinnere mich sehr gut an jene Nacht vom 5. auf den 6. Juli, als wäre es gestern passiert. Meine Mutter war im 9. Monat schwanger. Wie ich auf dem Bett am Fenster neben meiner Mutter schlief, war plötzlich ein furchtbar lautes Klopfen zu hören. Meine Mutter sagte mir, ich solle so laut wie möglich weinen, vielleicht würden sie uns dann nicht holen. Anscheinend wusste sie was. Dann kam als erstes ein Mann in Zivil und darauf zwei Milizionäre herein. Sie holten ihre Bajonette raus und stellten meinen Vater an die Wand.
Ich glaube, wir wurden deportiert,weil mein Vater „edinoličnik” [Einzelbauer] war, er wollte nicht in die Kolchose. Und zu dieser Zeit haben sie ihn dazu zwingen wollen, Anleihen zu zeichnen. Gerade war mein Vater aus dem Gefängnis gekommen, weil er keine „postavka” [Ablieferungen] erbracht hatte. Damals war man dazu verpflichtet eine bestimmte Menge an Getreide abzugeben. Einmal hatte das auch geklappt, aber wie damals der Bevollmächtigte so war, hat er das Papier zerissen und gesagt, wenn du einmal soviel abgeben konntest, dann wirst du es noch ein zweites Mal können. Mein Vater hat die Teppiche im Haus verkauft, aber er hat es nicht mehr geschafft, das Geld hinzubringen, weil sie uns dann abgeholt haben.
Nicolai Coadă, 70 Jahre alt, Rentner. Ehemaliger Rektor der Musikschule in Drochia.
Selbstverständlich gedenkt man hier der Deportationen. Jedes Jahr gehen wir hier in Drochia zum Denkmal. Letztes Jahr und dieses Jahr hat uns die Regierung je 500 Lei [ca. 30 EUR] gegeben, aber bis dahin hatten uns die Behörden nicht mal angeschaut. Die junge Generation sollte von der wahren Geschichte erfahren, um zu sehen was wir durchgemacht haben. Aber wenn es nach mir gehen würde, würde ich den Film „Golgota Basarabiei” [Dokumentarfilm des mold. Kultusministeriums über Verbrechen der Sowjets in Moldau] jeden Tag im TV laufen lassen. Damit wir dieser Ereignisse angemessen gedenken.
Bis zum Morgen bin ich im Haus geblieben. Erst am Morgen hat mich einer an der Hand genommen und mich an die Ecke des Hauses geführt. Meine Mutter war in der Scheune, wir in dem neuen Haus, aber sie haben uns nicht zu ihr gelassen und wir durften uns nicht sehen. Dann, am Morgen haben sie uns in Autos verladen und bis nach Zgurița gebracht, danach zum Bahnhof in Drochia, wo wir in Güterwagen verladen wurden.
Kurze Zeit später wurde mein Vater verhaftet, weil er der Spekulation verdächtig geworden war, da für ihn aus Šadrinsk ein Container angekommen war mit einem Motorrad IŽ-56 von einem Russen, der ihm Geld schuldete und da er das nicht hatte, ihm sein Motorrad geschickt hatte. Mein Vater saß bei der Miliz, bis er ihnen die Situation erklärt hatte. Danach waren wir dazu gezwungen in die Stadt Ghindești zu ziehen, damals wurde sie Lenin-Siedlung genannt. Mein Vater fand dort eine Arbeitsstelle, sie haben uns auch ein kleines Zimmer gegeben. Ich habe die Schule dort beendet.
Ich bin am 28. August 1959 zurückgekommen und habe mich für die Schule in Drochia angemeldet. Die Eltern kamen irgendwann im Oktober in die Moldau, nachdem sie das Haus und alles, was wir dort hatten, verkauft hatten. Die Russen dort hatten kein Geld und haben meinem Vater ein Motorrad IŽ-49 gegeben. Mein Vater kam zurück nach Bălți mit zwei Containern. Ich erinnere mich, wie wir in Bălți zwei Motorräder ausgeladen haben. Ich habe bei meiner Großmutter gewohnt, danach in Ghindești, und später in Drochia.
Als wir zurückkamen, erlaubte man uns nicht, in Drochia zu wohnen. Im Pass stand „N/B” („nicht zuverlässig”). Es stimmt, dass man meinen Vater schon in Šadrinsk gewarnt hatte, dass er nicht in die Moldau zurück gehen solle, weil man ihn dort nicht aufnehmen würde. Sie rieten ihm, auf die Krim zu gehen, von wo aus die Tataren deportiert worden waren. Aber so blieb ihnen nichts anderes übrig und meine Eltern registrierten sich in Jampol’ (Ukraine), jenseits des Dnestr, aber gearbeitet und gelebt haben sie illegal hier.
Unser Dank geht an: Anna Littke, Jennifer Schevardo und Manuala Haake (Geschichtswerkstatt Europa)
Wir wurden 1989 rehabilitert. Man gab uns 5.000 Rubel, die mein Vater auf das Sparbuch getan hat. Und die Entschädigung haben sie uns nur für das Haus gegeben, an Inventar hätten wir schließlich nichts gehabt. Über die Deportationen haben wir vor 1989 kaum gesprochen. Die ganze Zeit fühlten wir uns irgendwie gehemmt, irgendwie schuldig. Nach dieser Tortur hatten wir Angst vor der Miliz. Außerdem war meine Schwester dort geboren worden, meine Frau wusste es, meine Kinder. Jedes Jahr, wenn der 5., 6. Juli näher rückte, war die Großmutter gelähmt in den Beinen. So viel Stress hatte sie dann. Aber was sollte man noch darüber sprechen, man erinnerte sich an Schmerzhaftes.
Im Dorf bei uns, in unserem Haus, gab es einen Club. Als ich das gesehen habe, hab’ ich mir gesagt, dass ich alles über den „zavclub” lernen und dann in meinem Haus arbeiten werde. Bis ich die Schule beendet habe, danach in der Armee, wurde neben unserem Haus ein neues Kulturhaus gebaut, aber unser Haus wurde zum „”Haus für Verdiente” umfunktioniert. Zu guter Letzt hat sich die Lage meines Vaters nur gebessert, nachdem er Vorošilov [Vorsitzender des Obersten Sowjets 1953-60] einen Brief geschrieben hatte, in dem er um die Erlaubnis in der Moldau zu leben, bat. Erst nachdem er eine positive Antwort erhalten hatte, ließen wir uns in der Moldau wieder blicken.
Sverdlovsk [Ekaterinburg], Oblast Sverdlovsk
Von dort haben sie meinen Vater ins Lager nach Mariinsk geschickt, später haben sie ihn nach Sverdlovsk verlegt, wo er auch gestorben ist.
Pudinsk, Oblast Tomsk
Von Novosibirsk aus bestiegen wir ein Schiff auf dem Fluss Ob, und einen Monat lang fuhren wir bis zu einem Dorf namens Skit. Von Skit aus brachte man uns mit dem Karren bis nach Pudinsk . Dort sagte man uns, für wie viele Jahre wir hierher geschickt worden sind. Später fuhren wir von Pudinsk aus auf dem Fluss Verciuzik nochmals sieben Tage. Über Land waren es nur 60 km, aber man setzte und aufs Wasser, in einen Kahn, vier schoben, einer lenkte. Wir wurden in das Dorf Namecina, im Kreis Pudinsk, Bezirk Tomsk gebracht. Das Dorf war klein, 21 Häuser, 14 Kühe, 12 Pferde, es gab keine Schule und keine Geschäfte. Etwas später haben sie und in ein Dorf in der Nähe, 8 km weiter, wo es eine Schule gab, umgesiedelt.
Novosibirsk, Oblast Novosibirsk
Sie nahmen uns drei und meine schwangere Mutter mit. Im Bahnhof in Bălți verluden Sie uns auf Viehwaggons und brachten uns nach Novosibirsk. Dort mussten wir baden, weil uns die Flöhe bissen.
Šadrinsk, Oblast Kurgan
Namecina/ Pudinsk, Oblast Tomsk
In Sibirien haben sie uns alle zum Schlafen auf die Bühne eines Clubs, eines ziemlich verruchten Clubs gelegt... die Leinwand war aus einem weißen Tuch gemacht und zum ersten Mal habe ich einen Film gesehen, von der anderen Seite, hinter der Leinwand. Wir haben alle auf der Bühne, an einem Platz geschlafen, Männer, Frauen, Kinder. Am Morgen des zweiten Tages wachten alle auf, die Männer wurden zum Baumfällen geschickt, die Frauen mit dem Spaten in der Hand zum Ziegelmachen in der „Šadrinskij zernosovchoz”.
Zumindest am Anfang war es furchtbar. Bei uns war noch eine Bäuerin und Lehrerin mit ihren Kindern. Mein Bruder Vasilica war drei Jahre alt. Er weinte vor Hunger und sagte, dass er hier nicht sein will, dass er Brot mit Honig will. Er starb im Winter darauf. Meine Schwester, die kurz nachdem wir in diesem Dorf angekommen waren, geboren wurde, starb im Alter von acht Monaten im nächsten Sommer. Auf ihrem toten Leib liefen die Läuse. Ich war nicht mal auf der Beerdigung.
Namecina/ Pudinsk, Oblast Tomsk
Šadrinsk, Oblast Kurgan
Ich hatte Glück mit den Leuten dort. Gute Menschen. Auch sie hatten nicht viel, aber sie haben uns geholfen, hier und da eine Kartoffel... Aus der Moldau schickten uns die Verwandten und Bekannten „posalca“, aber man bestellte uns zum Dorsowjet und nahm uns alles ab. Und meine Mutter hatte einen Brief nach Hause geschickt, dass sie uns nichts umsonst schicken sollten, weil sie uns es sowieso wegnehmen.Wir waren dort wie Gefangene. Wir hatten nicht das Recht auf Bildung, auf Schule, von dort wegzugehen oder uns mit den Mädchen von dort anzufreunden.
Dann haben sie uns in ein größeres Zimmer gelegt. Wir schliefen auf Decken, zumindest diejenigen, die es irgendwie geschafft hatten, welche von Zuhause mitzunehmen. Ich erinnere mich, dass meine Mutter als die Wehen einsetzten, war von der Miliz abgeholt wurde und in einem Karren in die Stadt Šadrinsk gebracht wurde. Ich blieb bei meinem Vater. Einen Abend später kam meine Mutter mit meinem Schwesterchen im Arm zurück. Zum Herbst haben sie uns aufgeteilt, 17 km von Šadrinsk entfernt, in Baracken mit zwei Etagen, die für die Deutschen gebaut worden waren, aus Strohblöcken und innen mit Papier ausgelegt.
Namecina/ Pudinsk, Oblast Tomsk
Šadrinsk, Oblast Kurgan
Wir hatten später sogar elektrisches Licht. Wir bewohnten einen Raum, ich, Mama, Papa, meine Schwester, „Tantchen” Paraschiva Guțu und Griša.
Im Herbst sind wir in die Schule gekommen, aber in die 1. Klasse der russischen Schule. Im Kontakt mit den Russen habe ich die Sprache schnell gelernt. Mir sagten meine Klassenkameraden, dass ihnen gesagt worden wäre, es würden Banditen kommen, reiche Leute, aber ihr seid schlechter dran als wir. Ich erinnere mich, wie kalt es in diesen Baracken war. Wenn meine Mutter uns badete, bis sie uns gewaschen hatte, haben wir schon Eiskristalle aus dem Badewasser geschöpft. Die Pakete, die aus Moldawien geschickt wurden haben uns sehr geholfen, praktisch haben sie uns geholfen.
Zudem bezahlten wir verschiedene Steuern auf Fleisch... Man stelle sich vor, dass wir nichts zu essen hatten, aber Steuern für 46kg Fleisch zahlen mussten. Viele Jahre, weil wir nichts hatten, zahlten wir auch nichts, denn woher hätten wir es nehmen sollen. Meine Mutter wollten sie verurteilen, aber dann starb Stalin, und das änderte etwas, aber nicht viel. Ich hatte sogar ein Fräulein dort und ich wollte sie heiraten, aber es wurde mir nicht erlaubt. Wir waren alle alle in der Kolchose „angestellt“, ich weidete die Rinder, ich war sozusagen ein „Freigänger“. Erst 1957 schickten sie mich in die Lehre zum Traktoristen. Sie achteten nicht mehr darauf, dass man eigentlich dafür sieben Klassen braucht, ich hatte aber nur zwei, obwohl ich geschrieben hatte, dass ich vier Klassen Schule habe.
Namecina/ Pudinsk, Oblast Tomsk
Šadrinsk, Oblast Kurgan
Man war verpflichtet von 8.00 Uhr – 17.00 Uhr auf Arbeit zu sein. Nach fünf musste man sich registrieren. Der Aufseher kam und alle Erwachsenen haben sich registriert. Mein Vater arbeitete auf dem Bau, er machte Häuser aus Lehm, und meine Mutter arbeitete auch im Sägewerk. Ich blieb bei dem Kind, und wenn es gestillt werden musste, brachte ich meine Schwester zu meiner Mutter auf die Arbeit.
Es waren noch viele Moldauer dort, man hatte sie in den 30er Jahren aus Transnistrien weggeholt. Es waren noch Tschechen, Polen etc. dort, Russen aber kaum. Die Tschechen waren sehr gute Leute. Sie haben uns sehr viel geholfen. Sie waren auch in den 30er Jahren hergebracht worden. Vorher war da absolut gar nichts. Sie haben sie am Ufer des Flusses gelassen, haben ihnen Schaufeln gegeben und sonst nichts. Alles, was wir dort aufgefunden haben als wir kamen, war von ihnen gebaut worden.
Namecina/ Pudinsk, Oblast Tomsk
Šadrinsk, Oblast Kurgan
Im Frühjahr, am Rand des Dorfes, in einer Grube, haben die Leute aus Lehm Ziegel gemacht. Dann, der Reihe nach, unter gegenseitiger Hilfe, haben sich alle Moldauer dort Häuser gebaut. Im zweiten Winter waren wir schon in unser Haus umgezogen, ein Holzhaus, mit zwei Zimmern, im russischen Stil.
Wie viel ich durchgemacht habe, Gott bewahre.
Als das Zertifikat zur Rehabilitation kam, haben sie uns ärztlich kontrolliert, uns dem Militär vorgestellt und uns gehen lassen... Ich bin in die Moldau zurück, nach 18 Jahren, am 30. November 1958. Ich kam ins Dorf. Aber trotzdem haben sie uns ein Dokument gegeben, dass wir keine Aufenthaltserlaubnis haben, aber wir haben uns an Bekannte gewandt, und sie haben uns aufgenommen. Mein Vater jedoch war im Lager gestorben, kurz nachdem der Entlassungsbeschluss bekannt wurde, auch mein Bruder Vasilica und meine Schwester Vera starben dort.
Šadrinsk, Oblast Kurgan
Wir überlebten, vor allem in den Wintern, am Anfang schwer. Mein Vater ging bis nach Šadrinsk, brachte je einen Sack gefrorenes Brot mit, wir tauten es auf und aßen es. Im darauffolgenden Jahr haben wir uns eine Kuh gekauft, die Flöhe waren wir los, endlich ...mein Vater arbeitete von acht bis um fünf für den Staat, danach baute er Holzhäuser für die Russen. Wir haben uns mit den Russen angefreundet. Dort waren auch viele Deutsche, einer lebte sogar direkt gegenüber von uns, Volodja Gazelik, verheiratet mit einer Russin, Vera. Die Russen kamen und mein Vater lieh ihnen Geld. Ich erinnere mich an eine Begebenheit, ich ging mit meinem Vater Gras mähen, an einen Waldrand. Ich glaubte, weil ich noch ein Kind war, wir seien in Moldawien, bei meinem Dorf im Baxanul-Wald, und bat meinen Vater weinend darum zur Tante zu gehen. Mein Vater fing an zu weinen.
Šadrinsk, Oblast Kurgan
Mein Vater war ein sehr besonderer Mensch. Als erster hat er sich in Sibirien ein Radio gekauft, Rodina 47, als erster hatte er ein Fahrrad. Ich weiß, dass er Radio BBC auf rumänisch hörte. 1953, als der Schnauzbart den Löffel abgegeben hatte, es war der 5. März, waren wir die ersten, die es erfahren haben. Und im Dezember 1953 war mein Vater der erste, der die Erlaubnis für einen Urlaub in der Moldau bekam.
Šadrinsk, Oblast Kurgan
Auch im Sommer 1953 war er der erste, der durch die BBC erfahren hatte, dass Berija, der Chef des KGB, zum britischen Spion erklärt wurde. Beinahe wäre er erschossen worden, als er den Aufsehern und den anderen die Neuigkeit erzählte. Er wurde verschont, weil er den sowjetischen Behörden auch Bescheid gesagt hatte. 1954 war mein Vater in der Moldau, von wo er mir Bücher auf „moldauisch” mitbrachte. Ich habe acht Klassen in Šadrinsk an der Schule Nr. 9 absolviert. Ich war dort in Untermiete, und damit wir nicht mehr weiter die Untermiete bezahlen mussten, schickte mich mein Vater in die Moldau zur Großmutter.