..."Oh ja", meint die Großindustriellengattin Lieselotte von K. aus Frankfurt.
"Schmuck, teure Kleidung, herrschaftliche Villa - wir können uns alles leisten. Mein Mann ist ja mehr für die Großwildjagd, aber ich gehe lieber auf Partys und Gesellschaften. Und besonders gern in die Oper, bald gibt es Wagners "Götterdämmerung". Und wenn die Zeppeline endlich etwas sicherer werden, will ich unbedingt nach New York zum Einkaufen, sonst nehme ich halt das Schiff, 1. Klasse versteht sich. Das dauert zwar länger, aber was soll`s. Die Kinder sind ja bestens versorgt. Wir haben vorzügliche Kindermädchen und Hauslehrer."
Handwerkergattin Hilde P. aus Hannover meldet sich zu Wort:
"Man tut ja was man kann. Ich halte unser Häuschen an der Hauptstraße immer sauber. Sogar Blumen sind vor dem Fenster. Unten ist der Laden, oben 3 Zimmer. Ein neues Plüschsofa haben wir auch, und ein großes Kaiserbild. Ja, und meine Schwiegermutter häckelt wunderschöne Spitzendeckchen, worum mich sogar meine Nachbarin beneidet.
"Wohl kaum", klagt der Industriearbeiter Max K. aus Berlin. "Da bin ich extra aus Ostpreußen wegen der Arbeit hergezogen - auf dem Land wurde ich nicht mehr gebraucht. Zwar habe ich hier eine Familie gründen können, aber wir wohnen in einem Loch. 3. Hinterhof, 4. Etage, laut, dreckig, Klo auf dem Flur. Wir schlafen zu fünft in der Küche, die Stube teilen sich 2 Schlafgänger, das bringt noch ein bisschen Geld. Selbst meine Frau muss arbeiten gehen, damit es für`s Leben reicht. Aber eigentlich ist das gar kein Leben. Vielleicht ziehen wir ins Ruhrgebiet zu meinem Kumpel Otto. Da ist es nicht ganz so voll wie hier und die Bergbaugesellschaften bauen Arbeitersiedlungen. Da könnten meine Kinder mal sehen, wie die Sonne aufgeht."