die Schneiders vs. die Schneider-Ø
die Freitags vs. die Freitage
die Bachs vs. die Bäche
die Manns vs. die Männer
die Hases vs. die Hasen
Zuweisungsebenen des Genus
- semantisches Genus: das Genus leitet sich aus semantischen Eigenschaften oder dem biologischen Geschlecht des Nomens (Sexus) ab
z. B. die Großmutter, die Prinzessin, der Kater, der Prinz.
Ein biologisches Geschlecht gibt es nur bei Objekten, die in der Belebtheitsskala außen stehen. Von den EN betrifft dies lediglich die RufN, die im Deutschen in der Regel einem Geschlecht (Sexus) zuzuordnen sind.
Genus
Welches Genus hat Beiersdorf ?
- lexikalisches Genus: Das Genus ist willkürlich vergeben und dem Substantiv inhärent. Es hängt nicht mit dem biologischen Geschlecht (Sexus) zusammen
(z. B. der Garten, das Haus, die Tür).
Es wird auswendig gelernt und trifft für die meisten APP zu. Für EN spielt das lexikalische Genus eine geringe Rolle.
Die Genuszuweisung bei EN unterscheidet sich grundlegend von der Genuszuweisung bei APP und ist ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal zwischen den beiden Substantivklassen.
Beispielsatz 1
Beiersdorf hat seinen Halbjahresgewinn um ein Viertel erhöht.
Schwache Erklärung:
Einige Generi lassen sich aus den appellativen Klassenbezeichnungen herleiten.
Die Zeitung ist feminin, also sind alle Zeitungsnamen auch feminin.
Genauso auch Versicherungen und Aktiengesellschaften oder Berge.
Bei der Überzahl der ENklassen finden sich jedoch keine Übereinstimmungen!
vgl. Flüsse, Schiffe, Flugzeuge, Autos, Motorräder, Städte, Kontinente etc.
Das Bild hängt schief. vs.
Die Bild war heute nicht im Briefkasten.
Beispielsatz 2
Beiersdorf hat ihren Halbjahresgewinn um ein Viertel erhöht.
- referentielles Genus: das Genus leitet sich von den Eigenschaften konkreter Referenzobjekte ab. Viele konkrete Referenzobjekte lassen sich unter einer Eigennamenklasse zusammenfassen. Bei EN ist es erforderlich zu wissen, welcher Eigennamenklasse der EN zuzuordnen ist
(z. B. Flurnamen, Hydronyme, Oikonyme, Prodonyme etc.).
Bsp.: Frau Hoffmann (fem.)
nach lexikalischer Genusvergabe wäre Frau Hoffmann mask., da sich das Genus nach dem Kopf des zusammengesetzten Nomens richtet.
Eigennamen und ihr referentielles Genus
Einige Eigennamenklassen haben ein festes Genus.
Das Genus markiert in diesem Fall die Klasse.
Bei StädteN, seltener FirmenN, die in den meisten Situationen artikellos verwendet werden, kommt das Genus dann zum Vorschein, wenn das Objekt attributiv erweitert wird oder wenn auf das Objekt referiert wird, zum Beispiel mit einem Possessivpronomen.
das Atlantic, die Atlantic, der Atlantic
z. B. das weltoffene Hamburg, das Hamburg des 16. Jahrhunderts
Genusfeste Eigennamenklassen (1–7)
alle Referenzobjekte weisen
(mehr oder weniger) dasselbe Genus auf
z. B.
Wüsten: die Sahara, die Gobi
Schiffe: die Passat, die Präsident Schäfer
Banken und Versicherungen: die Hamburg Süd, Flugzeuge: die Landshut
Genusfest heißt, dass das referentielle Genus produktiv für neue Namensgebungen verwendet wird. Bei einer Schiffstaufe wäre der neue SchiffsN automatisch feminin wie alle übrigen SchiffsN.
Genusunfeste Eigennamenklassen
z. B.
Flurnamen: Bahrenfeld, Kamp,
Heidlohe, Beerbohmstücken (Genus?)
Straßen: gibt es StraßenN ohne
appellativen Sockel?
Gebäude: gibt es GebäudeN ohne
appellativen Sockel? (der Michel)
FamN:
die Schneiders
(EN: Nom.Pl.)
Berufsbezeichnung:
die Schneider
(APP: Nom.Pl.)
(Nübling 2012:74)
Eine Untergruppe: Eigennamenklassen mit demselben festen Genus, aber keiner obligatorischen Artikelverwendung
Eigennamenklassen auf dem Weg zu einem überwiegend stabilen Genus (8–13)
die Referenzobjekte weisen bevorzugt ein Genus auf, die beiden anderen kommen jedoch noch vor
z. B.
Flüsse: die Bille, die Wandse, die Pinnau
(aber: der Rhein, der Jangtsekiang)
Berge: der Hasselbrack, der K2, der Kilimandscharo (aber: die Jungfrau, die Zugspitze)
Autos: der Mercedes, der Astra
Hotels und Restaurants: das Steigenberger, das Ibis
Unternehmen/Firmen: (das?/die?) Beiersdorf
Wortbildung
z. B.
Städte- und OrtsN: (das) Berlin, (das) St. Pauli, (das)? Hamburg Nord
LänderN/ Kontinente: (das) Polen, (das) Norwegen, (das) Australien
Inwiefern verhalten sich Namen
grammatisch anders als APP?
Prosodie und Phonologie
EN grenzen sich morphologisch möglichst weit von APP ab
Univerbierte nhd. Namen:
Vómstein
Vóndermühl
Onymische Sondergrammatik
- EN meiden häufig die typische Form nativer deutscher Wörter
z.B.: Heilbronn, Eimsbüttel, Altona, St. Georg, St. Pauli
Betonung auf der
ersten Silbe
kein materieller Mehraufwand
Abgrenzung der EN von den APP
Schonung des Namenkörpers
freie Verwendung:
RufN: Höchstmaß an Individualisierung
vom Stéin
FamN + Toponyme:
häufigere Überschneidungen mit APP
- Eigennamen haben spezielle onymische Suffixe
z.B.: die Ländersuffixe -ien, -ei, -stan
(Indien, Albanien, "Balkonien", Mongolei, Türkei, Afghanistan, Absurdistan)
Zweisilbige toponymische
Endglieder
-féldern
-háusen
Hauptakzent hinten
Grammatik der Eigennamen
Fidschi
Deutsch
Englisch
Markierung von EN und APP mit Präfix
Zeicheninventar
EN: Präfix /ko/
/ko vanua levu/
Einsilbig betonte Endglieder
"Großes Land"
- Bezeichnung von Individuen
- Identifizierung monoreferenter Objekte
app. Kompositionsakzent
Réihenhäuser
Heiligenkréuz
Tiefensée
APP: Präfix /na/
/na vanua levu/
die/eine große Insel
"Mary", "William"
- Innerhalb der EN werden Komposita gebildet, die auf der appellativen Ebene unsinnig wären
z.B. FamN wie Feuerbach oder OrtsN wie Kuhmühle
[ə]-Laut:
Markierung von Proprialität zwischen
Syntagmatik und Paradigmatik
Das Onomastikon im Spannungsfeld sprachinterner und -externer Einflüsse
Phonologische Abweichungen
52-184 Hamburger Namen
Prof. Dr. Ingrid Schröder
Fidschi
Deutsch
Englisch
Deutsch:
Unterscheidung zw. APP und EN durch Grammatik
-> Markierung einer bestimmten Namenklasse
Funktioneller Akzent (FLEISCHER: 1964)
Karin Kuppig
Sarah Rahmat
häufigster Vokal im Dt. insgesamt
seltenster Vokal innerhalb RufN
Fremde Phoneme in entlehnten Namen
Englisch [θ]: Thatcher
Artikelgebrauch
Namenklassen ohne Artikel (primäre Artikellosigkeit, häufig bei Neutra)
Die Definitartikel bei EN - der onymische Artikel - übernimmt andere Funktionen als der Definitartikel bei APP
Häufiger: abweichende Lautkombinationen
(Phonotaktische Verbindungen)
- konsonantisch: Gstrein, Gsell, Zschocke
- vokalisch: Luise, Andreas, Matthias
Flektierbarkeit von EN-Artikeln
Der Definitartikel vor EN steht nicht in Opposition zum Indefinit- und Nullartikel.
Alle Kontinente, viele LänderN, LandschaftsN, InselN und StädteN haben keinen Artikel, außer sie werden durch Attribute erweitert
z.B. Das koloniale Afrika, das winterliche Neuwerk
(sekundärer Artikelgebrauch)
- Ja (z.B. Sonntags gingen wir den Jungfernstieg auf und ab)
-> enthalten dt. Laute in abweichender Kombination
-> keine Hiate wie ui in deutschen Erbwörtern
Hausa (tschadische Sprache)
-> systematische Markierung von PersN
gewonnen aus APP
Kürzung des Auslautvokals
- Zweifelsfälle bei komplexeren EN, die aus mehr als einem Syntagma bestehen
(z.B. Opern, Musical, Buchtitel, Zeitschriften
Gestern waren wir im "Wunder von Bern" bzw.
Gestern waren wir in "Das Wunder von Bern"
Namenklassen mit Artikel (primärer Artikelgebrauch)
Der onymische Artikel legt die Namenklasse, zu der der EN gehört, fest
z.B.
Ø Marbach (==> Siedlung), der Marbach (==> Fluss)
Ø Europa (==> Kontinent), das Europa (==> Hotel)
GewässerN, GebirgsN, StraßenN, Ergonyme, einige LandschaftsN
azúmii APP: Fastenmonat
Azúmi EN
angóo APP: Bräutigam
Angó EN
- Verschmelzung von Präposition und Artikel vor EN ist obligatorisch
(z.B. Sie lebt in Engadin, *sie lebt in dem Engadin)
-> subtraktives EN-Markierungsverfahren
Diachrone Entwicklung:
EN mit femininem oder maskulinem Artikel ===========>> artikellose EN im Neutrum
Reste einer älteren Schicht mit obligatorischem Artikel (Sg.;Pl.) sind:
die Ukraine, die Türkei, die Schweiz; die Niederlande, die USA
Flexion
im Nom.Sg.
Morphologie
-> alte Dat./Akk.Sg.-Endung -en
EN: der Schwanen
APP: der Schwan
-> Endungen alter Flexionsklassen
(schwacher Maskulina)
Alte erstarrte Flexive
im EN-Körper inkorporiert
-> konservieren alte Plurale im Dativ
Indefinitartikel bei EN (Auswahl)
-hausen
-hofen
der Schwanen
der Storchen
Exemplarischer Gebrauch
Der Überseeboulevard wird (k)eine zweite Mönckebergstraße
Metaphorischer Gebrauch
Eine Ramblas in Bremen würde mehr Touristen anziehen
Kaum Unterschiede zwischen EN und APP auf Satzebene
Ein wichtiger Unterschied: In der NP-Syntax variiert die Stellung attributiver onymischer Genetive
-> häufigere Nutzung für EN-Markierungen
-> Minimalflexion
Heute:
Deflexion der Namen
Verlust der Endungen
EN: tiefgehende Umgestaltung
Gegenwartssprachliche, produktive Flexion von EN:
Annas Sprache vs. die Sprache Annas
Hamburgs Hauptkirchen vs. die Hauptkirchen Hamburgs
Hansestadt Hamburgs Hauptkirchen vs.
die Hauptkirchen der Hansestadt Hamburg
Präponierter Genetiv vs. postponierter Genetiv
Seit 18. Jhd.: Flexionsverlust
der Geburtstag des Peters
Namenflexion unterbleibt mit Artikel immer häufiger
EN Peter flektiert nur, wenn kein Artikelwort vorhanden ist, das den Kasus anzeigt
Heute:
Peters Geburtstag/der Geburtstag Peters
aber
der Geburtstag des Peter-Ø
NP mit EN: Monoflexion
-> es flektiert nur noch EIN Element
bis ins 18. Jhd.:
Deflexion im Genitiv
Kasusflexion
-> Deflexion im Dat./Akk
-> "vulgär" und "geringschätzig"
sie trifft Goethen/Vossen/Lotten
Flexion von PersN im Dat./Akk. Sg.
1+1
Spezielle Präpositionen bei Toponymen
Plag [pla:k] -> Plages [pla:ges]
- direktionales nach steht nur bei Toponymen ohne Artikel
z. B. wir fahren nach China (veraltet gen)
EN: Klaus' vs. APP. Hauses
- besonderes zu ohne Richtungsänderung
z. B. Universität zu Köln
-> einfaches -s + Nullendung schont den Wortkörper
-> diagrammischer Ikonismus
(Funktion-Form-Abbildungsverhältnis)
1. Verdoppelung von einer auf zwei Silben
2. Aufhebung der Auslautneutralisierung
3. Silbengrenzverlegung vor das [g]
-> Deflexion schont den Namenkörper
Marias/Gudruns Geburtstag
Endet EN selbst auf [s] -> Nullendung (statt app. -es)
bei APP nach Wortlänge: des Tages/ des Feiertags
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
-> Unantastbarkeit und Wiedererkennbarkeit des EN
-es/-s- Allomorphie: bei EN blockiert - nur unsilbisches, uniformes -s
-> Je unbekannter der EN, desto eher entfällt die Flexion
Im Althochdeutschen:
-> uniform
Durchsetzung des Gen.-s aus der starken maskulinen Klasse:
ahd. Gen.-Sg. Formen: Mari-un, Hiltigart-i, Gudrun-a
Pluralflexion
Länder/Landschaften
-> EN: vollständig in das Flexionsklassensystem integriert
-> Schonung des Namenkörpers
Korpusrecherchen zu Toponymen
Flüsse
-> durch Reanalyse des Gen.Sg. -s entstanden
EN im Plural: unsilbisches, uniformes Flexiv: -s
Enden RufN auf [-s]: Plural mit Nullendung oder -e
Enden FamN auf [-s]: Plural mit Nullendung oder -ens
die beiden Schulz-Ø/Schulzens
die beiden Agnes-Ø, die beiden Tobias-Ø/Tobiasse, Alexe
die beiden Leonies/Leos
Prästellung:
- [Walther]s von der Vogelweide Sprache: 19% akzeptabel
45% abgelehnt
36% fragwürdig
- [Walther von der Vogelweide]s Sprache: 72% akzeptabel
-> Förderung der Flexion des Gesamtkomplexes
Poststellung:
- die Sprache [Walther von der Vogelweide]s: 32% akzeptabel
38% abgelehnt
30% fragwürdig
- die Sprache [Walther]s von der Vogelweide: 87% akzeptabel
Flexion von BeiN
-> Vergleich von Poststellung und Prästellung
am Beispiel "Walther von der Vogelweide"