Wie müsste eine Partei aussehen, damit sie die Zivilgesellschaft vertreten kann?
Stimme der Zivilgesellschaft
Eine Stimme für die Zivilgesellschaft
Wie eine neue Bewegungspartei vieles verändern könnte
MitDenken. MitEntscheiden!
- Inwiefern wäre eine solche Partei dazu geeignet, der Zivilgesellschaft zu dienen?
- Inwiefern ist das Konzept in der Praxis umsetzbar?
- Weitere Fragen und Meinungen?
- Nächste Schritte?
München, Vortrag im Eine-Welt-Haus, am 27.8.2012
Young-jin Choi
(yj.choi@gmx.de)
Überblick
Indirekte Demokratie zwischen Repräsentation und Delegation
Ausgangssituation
Gesetzgebung
Zivilgesellschaft
Vollständige Repräsentation
Vollständige Delegation
- Versuch an Wähler und Abgeordnete zu appellieren
- Keine Vertretung / Beteiligung am Gesetzgebungsprozess
- Kaum Gehör, gegen finanzstarke Lobbyorganisationen
Bedingt Imperatives
"Basismandat"
- Zurückstellung eigener Position zugunsten einer geschlossenen Fraktionssicht – analog zu einem "informellen" imperativen Mandat der Fraktionsmehrheit
- Kein formaler Fraktionszwang, aber die Partei/Fraktion hat die Möglichkeit, die Wiederwahl von "Abweichlern" zu verhindern (Benennung der meisten Abgeordneten durch Partei)
- Begründung: Schlechtere Wahlergebnisse bei Image der Uneinigkeit, unterschiedlich verteilte Sachkompetenzen, klares Profil gemäß Parteiprogramm
- Freiheiten der Abgeordneten: Keine Weisungen, keine Fraktionsdisziplin
- Versprechen der Abgeordneten: Vertretung der Basis
- bei hinreichender Mehrheit
- wenn mit den Leitwerten im Einklang
- Abgeordnete werden direkt gewählt
- Ende der Amtszeit und Wiederwahl
Imperatives Mandat
Freies Mandat
Bürger
Parteien
- Seit Edmund Burke (1774) Paradigma vieler repräsentativer Demokratien heute
- Art. 38 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG): „Die Abgeordneten sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.“
- Begründung: Sicherstellung der Kompromiss- und Entscheidungsfähigkeit des Parlaments als Beschlussorgan, Entmachtung der Parteispitze
- Idealvorstellung: Vertrauen in die Kompetenz der Abgeordneten, Gesetze im Sinne des Gemeinwohls zu beschließen
- Selbstverständliche Praxis der attischen Demokratie und der Räterepublik: Delegierte können jederzeit zurückgerufen werden
- „Abgeordnete des Volkes können nicht seine Repräsentanten sein, sondern nur seine Beauftragten.“ (Rousseau, 1762)
- „Das wahrhafte Repräsentativsystem ist eine Regierungsform, in dem es keine Repräsentation gibt“ (Saleilles, 1899)
- Begründung: Vorbeugung einer möglichen Verselbstständigung der Repräsentanten und ihrer Kooptation durch vorherrschende Kräfte, bessere Repräsentation der breiten Masse
- Idealvorstellung: Ohne imperatives Mandat neigen Abgeordnete dazu, Interessen von Eliten / Lobbies / Förderern zu verfolgen, die dem politische Willen einer Bevölkerungsmehrheit entgegenstehen
- Differenzierungsmöglichkeit: Gebundenheit der Abgeordneten an den Willen…
- …der Fraktionsmehrheit (=Fraktionszwang, Imperatives Parteimandat)
- …der Basismehrheit (=Imperatives Basismandat)
- Stress und Zeitmangel
- Begrenzte Partizipations-möglichkeiten
- Ohnmacht und Frustration
- Mix aus direkter Demokratie und Delegiertendemokratie
- Jederzeit widerrufbare Delegationsfreiheit der Wähler
- Für jedes Thema ein anderer Delegierter möglich
- Innerhalb einer Organisation: "Liquid Feedback"
Basisdemokratie früher...
Lösungsansatz: Eine Stimme für die Zivilgesellschaft
Die Geschichte der Grünen
Die Partei der Zivilgesellschaft
Struktur
Vision, Mission, Prinzipien und Leitwerte
bedingt imperatives Basismandat
Prinzipien
- Vision: (1) Ein ökologisch nachhaltiges, sozial verantwortliches und sinnerfülltes menschlichen Dasein; (2) ein basisdemokratisches, vertrauenswürdiges politisches System
- Mission: (1) Wesentliche Positionen der Zivilgesellschaft kompromisslos im Parlament vertreten; (2) innerhalb der bestehenden Parteiendemokratie das Konzept einer Delegiertendemokratie etablieren
- Prinzipien: Ideologiefreiheit, Unabhängigkeit, Transparenz, Konsensorientierung
- Leitwerte:
- Ökologische Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit
- Universale Menschenrechte, Weltfrieden und globale Gerechtigkeit
- Mitmenschlichkeit, soziale Gerechtigkeit und gutes Leben
- Emanzipation durch Bildung, Diskurs und Demokratie
- Ideologiefreiheit: Streben nach einem möglichst vorurteilsfreien Austausch wohlbegründeter Argumente
- Unabhängigkeit: Keine Annahme von anonymen Spendengeldern, keine Nebentätigkeiten, demokratische Kontrolle
- Transparenz: Keine Geheimnisse wo keine nötig sind
- Uneingeschränkte Zusammenarbeit mit Abgeordnetenwatch, Lobbycontrol und Transparency International
- Abstimmungsverhalten und Einkommen von Abgeordneten sind öffentlich
- Aufsichtsrat hat Einsicht in sämtliche Akten und Protokolle
- Konsensorientierung: Entscheidungsfindung durch 2/3 Mehrheiten vermittels Deliberation (Diskursethik) und Mediation (systemisches Konsensieren)
Leitwerte
Liquid Feedback
Zivilgesellschaft
Gesetzgebung
USE CASE
Wesentliche Merkmale einer Partei im Dienst der Zivilgesellschaft
Alle vier Jahre:
Direkte Wahlen
Jederzeit: Diskurs und Meinungsbildung
- Grundlegende Prinzipien
- Offenes Programm, klar definierte Leitwerte
- Unabhängiger Aufsichtsrat, wiss. Beirat
- Öffentliche Online-Plattform
- Kombination aus bedingt imperatives Basismandat und Liquid Democracy
- Volle Kooperation mit NGOs wie z.B. LobbyControl, Abgeordnetenwatch, Transparency International, etc
Stimme der Zivilgesellschaft
- Stimmrecht
- Rederecht
- Anfragen
- Kleine Anfragen an die Bundesregierung
- Große Anfragen an die Bundesregierung
- Fragestunden, Aktuelle Stunden
- Regierungsbefragungen
- Initiativrecht für Gesetzesentwürfe (5% aller Abgeordneten)
- Untersuchungsausschuss (25% aller Abgeordneten)
- Namentliche Abstimmungen (5% aller Abgeordneten)
- Staatliche Wahlkampfmittel (ab 0,5% bei einer Bundestagswahl)
- 0,70 € für jede gültige Zweitstimme
- 0,38 € für jeden Euro Spenden / Mitgliedsbeiträge
- Zusammenschluss der Ökologie-, Anti-Atom-, Friedens- und Frauenbewegungen der 1970er Jahre zu einer „Anti-Parteien-Partei“
- 1979: Erster Erfolg bei der Europawahl (3,2%); Gründung erster Landesverbände
- 1980: Gründung der Bundespartei mithilfe der Wahlkampfkostenerstattung von DM 4,5 mio.; Grundsatzprogramm: „Das Bundesprogramm“
- 1983: Einzug in den Bundestag
- 1990: Westdeutsche Grüne scheitern an 5% Hürde; Programmatische Neuausrichtung
- 1991: Parteiaustritte prominenter Fundis und Ökosozialisten
- 1993: „Grundkonsens“; Fusion Bündnis90/Die Grünen
- 1994: Wiedereinzug in den Bundestag
- 1998-2005: Regierungsbeteiligung Rot-Grüne Koalition
- 2002: Grundsatzprogramm: „Die Zukunft ist Grün“
- Seit 2005: Oppositionsfraktion
http://www.gruene-partei.de/cms/files/dokbin/68/68425.grundsatzprogramm_die_zukunft_ist_gruen.pdf
http://www.boell.de/downloads/stiftung/1993_Grundsatzprogramm.pdf
http://www.boell.de/downloads/stiftung/1980_Bundesprogramm.pdf
- Artikulation von Kritik und wesentlichen Forderungen
- Gesetzesentwürfe
- Transparenz
Parteien
Bürger
http://socio.ch/movpar/t_ehrler.htm
- Partizipation: Direkte Online-Demokratie
- Belebung des öffentlichen Diskurses
- Motivation sich zu beteiligen
2003
Lehren
- Erfolg und Effizienzdruck
- Koalition und Kompromisse
- Fundis und Realos
- Wer hütet die Leitwerte?
- Mitmachen können und wollen
- Basisdemokratie 2.0
A barricade in Paris, March 18, 1871 (Paris Commune)